eGov-Basisinfrastruktur und Digitalisierung von Verwaltungsprozessen

In der Informatikstrategie-Kommission (ISK) erarbeiten Vertretungen von Kanton, Gemeinden und ARI zusammen eine jährliche Sach- und Terminplanung. Auf Grundlage der gemeinsamen Strategie für den Einsatz und die Weiterentwicklung von Informations- und Kommunikationstechnologien werden so jedes Jahr zahlreiche Projekte umgesetzt. 
Ein Kernziel der ISK ist die Digitalisierung der Verwaltungsprozesse in Appenzell Ausserrhoden. Im Regierungsprogramm 2024–20271 hat der Regierungsrat sich zum Ziel gesetzt, die Voraussetzungen und die nötige Organisation zu schaffen, um die digitale Transformation der kantonalen Verwaltung voranzutreiben. Bei der Erreichung dieses Ziels unterstützt ARI sowohl im Tagesgeschäft als auch in spezifischen Projekten. Der Grundstein für einen Ausbau der online verfügbaren Services für Einwohnerinnen und Einwohner im Kanton wurde mit Einführung der qualifizierten digitalen Signatur im Juli 2023 und dem  Produktivstart der gemeinsamen, digitalen Basisinfrastruktur zum Jahreswechsel 2023/2024 gelegt. 

1Regierungsprogramm 2024–2027


Rechtsgültige elektronische  Signatur für digitale Fallverwaltung und E-Mail-Versand

Mit zunehmender Digitalisierung von Schlüsselprozessen in der öffentlichen Verwaltung ist eine digitale, rechtsgültige Unterschrift unverzichtbar, um Verwaltungsfälle vereinheitlichen und durchgängig elektronisch sowie medienbruchfrei abwickeln zu können. Deshalb wurde ein Projektteam der ARI Ende 2021 mit der Erarbeitung eines Konzepts für die digitale Signatur in Appenzell Ausserrhoden («eSign AR») beauftragt. Zwei spezifische Funktionen der digitalen Signatur sollten  im Konzept berücksichtigt sein: 

  • Nachweis für die Echtheit und Rechtsgültigkeit der digitalen Unterschrift eines Dokuments
  • Bestätigung der Identität eines E-Mail-Absenders und des unveränderten Inhalts der E-Mail

2022 bestand die Projektarbeit hauptsächlich aus umfangreichen Abklärungen und der Erarbeitung des Grobkonzepts/Projektantrags. Am 28. September 2022 hat die ISK die Zustimmung zum Projekt von sämtlichen Gemeinden und des Kantons bekannt gegeben. Gemäss Art. 8 Abs. 2 des Gesetzes über eGovernment und Informatik (bGS 142.3) bedürfen gemeinsame Projekte von Kanton und Gemeinden der Zustimmung des Kantons und von zwei Dritteln der Gemeinden, welche mindestens fünfzig Prozent der Bevölkerung vertreten. Im Februar 2023 konnte der Projektausschuss schliesslich die Freigabe für das Detailkonzept zur Einführung der Signatur-Services der  PrivaSphere AG für Dokumente und E-Mails ertei-len. Technische Anforderungen hinsichtlich Archivierung und Kompatibilität sind damit erfüllt.  Neben der digitalen Signatur von PDF-Dokumenten sind auch die Erstellung von PDF/A-Dokumenten, Massensignaturen, die Signatur von E-Mail-Nach-richten sowie die Integration in Fachlösungen zwecks medienbruchfreier Prozesse möglich. Sämtliche E-Mail-Nachrichten, die über die Infrastruktur von ARI nach extern versendet werden, werden automatisch signiert. Dem Empfänger kann so garantiert werden, dass eine E-Mail  tatsächlich vom Absender stammt, exakt zu  diesem Zeitpunkt versendet und auch der Inhalt  während des Versands nicht geändert wurde.

Seit Juli 2023 wird die digitale Signatur zur  Unterzeichnung von Dokumenten für privatrechtliche Verfahren auf Wunsch bei interessierten kantonalen Amtsstellen und Gemeinden eingerichtet. Voraussetzung ist die einmalige Verifizierung der persönlichen Identität durch geschulte Mitarbeitende der ARI. Die eingeführte Lösung erfüllt die Anforderungen gemäss Bundesgesetz über die elektronische Signatur (ZertES, SR 943.03). Dadurch ist die elektronische Unterschrift der handschriftlichen Unterschrift gleichgestellt und elektronische Dokumente sind somit rechtsgültig unterzeichnet.

Für verwaltungsrechtliche Anwendungsfälle  liegen die erforderlichen Ausführungsbestimmungen zum Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege (bGS 142.3) noch nicht vor. Diese sollen den digitalen Geschäftsverkehr der öffentlich-rechtlichen Institutionen umfassend regeln und werden voraussichtlich 2024 verabschiedet.


Zentrale, digitale Basisinfrastruktur für die öffentliche Verwaltung in Appenzell Ausserrhoden

2021 - Projektauftrag
Der Startschuss zum Projekt «eGov-Infra AR»  fiel bereits Ende 2021 mit der Genehmigung von Kanton und Gemeinden. Die gemeinsame Basisinfrastruktur in Appenzell Ausserrhoden soll  folgende Vorgaben erfüllen:

  • Einheitliches Login
  • Gemeinsamer Online-Schalter
  • Sicherer Kommunikationskanal zwischen den Einwohnern/Einwohnerinnen und den Verwaltungsstellen
  • Elektronisches Zahlungssystem

2022 - Erarbeitung von Grob- und Detailkonzept
Anfang 2022 nahm das Projektteam bestehend aus Mitarbeitenden der Kantonalen Verwaltung, der Gemeinden und von ARI die Arbeit auf, um gemeinsam ein Konzept für die zentrale, digitale Basisinfrastruktur im Kanton zu erarbeiten. Zur Erarbeitung eines praxistauglichen Konzepts wurde u.a. ein Prototyp intensiv getestet. Die Ergebnisse dieses «Proof of Concept (POC)» flossen in das Detailkonzept ein. Mit dem Detailkonzept
lagen zum Jahresende 2022 schliesslich konkrete Anforderungen an die künftige Plattform vor.

Besonderheiten des Authentifizierungsdiensts der Schweizer Behörden (AGOV):

  • Bundesweit einheitliche Identifikationsplattform. Nachfolgelösung des beim Bund seit vielen Jahren im Einsatz stehenden «CH-Login», wird auch mit der zukünftigen E-ID kompatibel sein.
  • Login erfolgt mit Smartphone-App oder Sicherheitsschlüssel. Keine Kombination aus Benutzername und Passwort nötig.
  • Identifikationsdaten werden in den lokalen Rechenzentren des Bundesamts für Informatik gespeichert.

2023 - Gemeinsame Submission Schaffhausen, Obwalden und Nidwalden
Aufgrund des Investitionsumfangs erfolgte im  Januar 2023 die öffentliche Ausschreibung über den Verein Schweizerische Städte- und Gemeinde-Informatik (SSGI). Dabei ergaben sich kantonsübergreifende Synergien: Die Ausschreibungsunterlagen wurden in Zusammenarbeit mit der  Informatik Schaffhausen (ITSH) und dem Informatik Leistungszentrum Obwalden/Nidwalden (ILZ) erarbeitet. Die Kantone SH, OW und NW sind ebenfalls Mitglieder des Vereins und verfügen über ähnliche IT-Infrastrukturen wie Appenzell Ausserrhoden. Somit sind auch die Anforderungen an eine Online-Plattform für digitale Verwaltungsprozesse vergleichbar. Basierend auf den Evaluationsergebnissen und den Erkenntnissen aus den Anbieterpräsentationen  fällte der Vereinsvorstand SSGI seinen Vergabeentscheid am 24. März 2023: Gentics Software AG  erhielt den Zuschlag für Betrieb, Wartung und Support. 

Der effektive Umfang und die damit verbundenen Kosten zur Einführung der Basisinfrastruktur konnte durch die Submission konkretisiert werden. Der restliche Jahresverlauf 2023 war von  intensiven Arbeiten des Projektteams und des  Lieferanten zur Fertigstellung der Online-Plattform geprägt. Dabei wurden die Aspekte Datenschutz und Datensparsamkeit (sparsame Abfrage bzw. Sammlung persönlicher Daten) besonders stark berücksichtigt. Zum Jahresende 2023 hin wurde die Identitätslösung AGOV durch die  Inkraftsetzung des Bundesgesetzes über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von  Behördenaufgaben (EMBAG) den Kantonen und Gemeinden zur Verfügung gestellt – Appenzell Ausserrhoden und Zürich waren Pilotkantone. Vor der Einführung wurde die zentrale Basisinfrastruktur zahlreichen technischen Tests und rechtlichen Abklärungen unterzogen – mit Erfolg. Dem medienwirksamen «Go-Live» der neuen  Online-Plattform mein.ar.ch am 11. Januar 2024 stand somit nichts mehr im Weg. Die Gesamtkosten für die Einführung des Online-Portals beliefen sich bis zum Start im Januar 2024 auf CHF 845'000 CHF.

Bereits verfügbare Online-Services unter https://mein.ar.ch:

  • Einwohnerservices (Wohnsitzbestätigung, Heimatausweis, Handlungsfähigkeitszeugnis)
  • Steuerservices «Elektronische Steuererklärung NP» und «eSteuerkonto»
  • Drittservices (Pass und Identitätskarte, eUmzug, Strafregisterauszug, Digitale Polizei, eVignette)

2024 geplante Erweiterungen:

  • Betreibungsregisterauszug
  • Strassenverkehrsamtportal
  • Berufsbildnerportal

2024+ – Online-Plattform in Betrieb und weiterer Ausbau
Mit der Online-Plattform mein.ar.ch steht in Appenzell Ausserrhoden nun ein zentraler Dienstleistungskatalog und Online-Schalter von Kanton und Gemeinden für die  Einwohnerinnen und Einwohner zur Verfügung. Die Online-Services werden fortlaufend ausgebaut.


Kundenstimmen

Die digitale Basisinfrastruktur eGov-Infra AR stellt der Bevölkerung einen einfachen zentralen Zugriff auf verschiedene Dienstleistungen des Kantons und der Gemeinden zur Verfügung. Ich freue mich über diesen wichtigen Digitalisierungsschritt und hoffe, dass ihm weitere folgen werden. Neben der erhöhten Kundenfreundlichkeit erwarte ich aber auch, dass er hilft, die  Arbeit der Amtsstellen mittel- und langfristig  zu erleichtern.

Max Eugster
Gemeindepräsident Herisau

Mit dem Online-Portal mein.ar.ch soll ein medienbruchfreier Prozess zwischen Besteller und Behörde ermöglicht werden. Dadurch kann zukünftig vollautomatisch eine Wohnsitzbestätigung oder ein Heimatausweis aus- und zugestellt werden. Mit dem digitalen Siegel wird die Echtheit des  Dokuments bestätigt. Wir erwarten von der Umstellung Effizienzgewinne auf beiden Seiten – für die Bevölkerung und die Behörden.

Daniela Burkard  
Leiterin Einwohnerdienste Heiden

Dank dem neuen Online-Portal konnte der Prozess zur Ausstellung des Handlungsfähigkeitszeugnisses vereinfacht werden. Neu wird der gewünschte Nachweis direkt durch die KESB aus- und zugestellt. Gemeinden werden dadurch entlastet.

Peter Dörflinger
Präsident Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde KESB